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CO2-Systembetrachtung


Der Kohlenstoffkreislauf ist nicht zu vergleichen mit mit dem Wasserkreislauf in einer Heizungsanlage oder einem Schwimmbad; es handelt sich, im Gegensatz zu diesen einfachen geschlossenen Umläufen, um ein komplexes System, das sich charakteristischerweise durch ein Netz von positiven und negativen Rückkopplungsschleifen steuert.

Rückkopplung

Negative Rückkopplung oder negativer Regelkreis: dient dazu, eine bestimmte Eigenschaft eines Systems gegen äußere Einflüsse stabil zu halten. Beispiel: der Thermostat einer Heizung. Die angestrebte Zimmertemperatur von beispielsweise 18 Grad bezeichnet man als Sollwert. Wenn ein Temperaturfühler eine geringere Temperatur registriert, wird der Brenner eingeschaltet, die Temperatur steigt. Sobald der Fühler eine z.B. um ein Grad höhere Temperatur feststellt, wird der Brenner abgestellt, die Temperatur im Zimmer sinkt langsam wieder ab.

Eine positive Rückkopplung entsteht, wenn das Wachstum (bzw. das Schrumpfen) einer Grundgröße zum Wachstum (bzw. zum Schrumpfen) einer zweiten Größe führt, die jetzt ihrerseits die Grundgröße im gleichen Sinn beeinflußt. Ein Beispiel wäre ein kleiner Riss in einem Damm, durch den Wasser sickert. Je mehr Erde das Wasser mitnimmt, desto größer wird die Leckstelle, desto mehr Wasser strömt durch die Öffnung, desto mehr Erde wird mitgerissen, und so weiter.

Selbstorganisierende Systeme in der Natur werden durch ein Netzwerk von positiven und negativen Rückkopplungsschleifen geregelt: die positiven Rückkopplungsschleifen haben eine antreibende Wirkung und verursachen Wachstum, Ausbreitung, Beschleunigung, die negativen Rückkopplungsschleifen begrenzen Wachstum und Beschleunigung und verhindern damit Katastrophen.


1. Positive Rückkopplung

Wie lange können die Ozeane als CO2-Senke einen Teil des überschüssigen Kohlendioxids aufnehmen?

Hier noch einmal die Bilanz des CO2-Austauschs zwischen der Atmosphäre und dem Leben auf dem Festland sowie den Ozeanen:

Festland 100 mrd t Aufnahme Photosynthese
100 mrd t Abgabe 50 mrd t Respiration
50 mrd t Abbau

Ozeane 100 mrd t Abgabe Diffusion
103-104 mrd t Aufnahme Diffusion und Aufnahme durch Phytoplankton

Die Meere enthalten ca. 95 % des mobilen Kohlenstoffs der Erde. Sie nehmen pro Jahr 104 Milliarden Tonnen aus der Atmosphäre auf und geben 100 Milliarden Tonnen an die Atmosphäre ab. Der Mensch verbrennt ca. 6-8 Milliarden Tonnen Kohlenstoff pro Jahr (Wälder und fossile Brennstoffe), aber nur 3 Milliarden Tonnen davon bleiben in der Atmosphäre. D.h. dass der CO2-Gehalt pro Jahr nicht um 3 ppm (parts per million), sondern nur um 1,5 ppm ansteigt. Die Meere nehmen offenbar etwa die Hälfte des vom Menschen zusätzlich in Umlauf gebrachten Kohlenstoffs auf, schon seit Beginn der industriellen Revolution.

So war es bisher. Aber wird diese Absorption, und damit Abfederung der CO2-Emissionen, bei einer Temperaturerhöhung so weiter funktionieren?

Die CO2-Aufnahme durch das Meerwasser hängt davon ab, dass das Meerwasser kräftig durchmischt wird, das wiederum ist eine Frage der Temperaturunterschiede: kaltes Wasser (nahe den Polen) ist schwerer und sinkt, strömt in der Tiefe Richtung Äquator, wird oben durch das heranströmende bereits abgekühlte Wasser ersetzt, usw. Wenn sich das Oberflächenwasser in der Polregion erwärmt, wird dieser Kreislauf gestört, verlangsamt - niemand kann sagen, ob er nicht durch die einsetzende positive Rückkopplung ins Stocken käme. Eine mögliche Folge wäre, dass sich der Golfstrom abschwächt oder ganz verliert.

Außerdem nimmt das Wasser bei tieferer Temperatur mehr C auf als bei höherer. Wenn der CO2-Gehalt weiter ansteigt, könnte um 2050 die Temperaturerhöhung in den Polarregionen bis zu 12° betragen (die Erwärmung ist ungleichmäßig - am höchsten in den hohen Breiten).

Das könnte bedeuten, dass die Kohlenstoffaufnahme des Wassers zurückgeht, dass der Absorptionsüberschuss verschwindet - damit würde sich ceteris paribus der CO2-Anstieg in der Atmmosphäre auf die doppelte Geschwindigkeit beschleunigen. Damit fängt die Treibhausspirale an, sich schneller und schneller zu drehen. (Radford 1990: 38).

° Die Photosynthese ist kaum abhängig von der Temperatur (sondern von Licht, Wasser und Nährstoffen); Atmung und Abbau dagegen (also CO2-Freisetzung) sind sehr stark temperaturabhängig: eine Temperaturveränderung von 1o ändert oft die Atmungstätigkeit um 10 bis 30 % (in beiden Richtungen). Man kann also davon ausgehen, dass die Erwärmung den Abbau von organischem Material beschleunigen wird (also mehr Abgabe von CO2), ohne die Photosynthese (also die Aufnahme von CO2 aus der Atmosphäre) wesentlich zu beschleunigen (Q13: 41).

° Ausbleichen der Korallen, vermutlich verursacht durch den Stress der um ca. 1° erhöhten Wassertemperatur. Mit dem Sterben der Korallen, von denen weltweit bereits ca. 60 Prozent abgestorben oder schwer geschädigt sind) geht neben einer paradiesischen Artenvielfalt eine wichtige Kohlenstoffsenke verloren. (Durch den Kalkaufbau der Korallen wird der Atmosphäre CO2 entzogen).

° Tropische Wirbelstürme entstehen, wenn die Wassertemperatur an der Oberfläche des Meeres eine bestimmte Grenze überschreitet. Daher ist zu erwarten, dass die globale Erwärmung auch die Zahl der Wirbelstürme anwachsen lässt. Dies "führe zu einer bisher nicht beachteten Rückkopplung, berichteten ... Wissenschaftler im britischen Fachjournal Nature (Bd. 395)", weil durch die Wirbelstürme erhebliche Mengen CO2 gewissermaßen aus dem Wasser herausgequirlt werden. Das hängt damit zusammen, dass die Hurrikane kältere Wassermassen aus größerer Tiefe an die Oberfläche wirbeln, und dass kaltes Wasser mehr CO2 enthält und daher auch mehr CO2 an die Atmosphäre abgibt (Q04).

° Aus bislang gefrorenen Sümpfen der nördlichen Polarregion (Permafrost) werden infolge der Erwärmung riesige Mengen Methan entweichen. Da jedes Methanmolekül 25mal so treibhauswirksam ist wie ein CO2-Molekül, wird sich dadurch die Erwärmung der Atmosphäre beschleunigen, die auftauenden subpolaren Sümpfe werden noch mehr Methan freisetzen, die Erwärmung wird verstärkt, die Sümpfe tauen noch tiefer auf, noch mehr Methan wird freigesetzt - und so fort.
In Alaska kann der Beginn dieses Prozesses besichtigt werden: Es gibt immer mehr trichterförmige Einbrüche im ursprünglich flachen Gelände, in denen sich Wasser sammelt.

° Ein um ein Vielfaches größeres Methanreservoir liegt in den Tiefen der Ozeane. "Konservative Schätzungen gehen davon aus, dass die Methanvorräte am Meeresgrund alle bekannten fossilen Ressourcen zusammengenommen um das Doppelte überschreiten" (Q15). Das Gas ist jedoch in einer Form gespeichert, die es im Zusammenhang mit der globalen Erwärmung zu einer unabschätzbaren potentiellen Bedrohung macht. "Methanhydrate sind feste, Eiskristallen ähnliche Verbindungen aus Methan und Wasser. Bei hohem Druck und niedrigen Temperaturen - wie im Nordatlantik - bilden Wassermoleküle eine Art Käfig um je ein Methanmolekül. So entsteht das feste Hydrat, das sich im porösen Sedimentgestein des Meeresbodens ablagert und ihn wie Mörtel zusammenhält" (Q68). Bei nur geringem Druckabfall oder Temperaturanstieg zerfallen die Kristalle, und dabei können wie bei einer Eruption Gasblasen in das drüberliegende Wasser entweichen. Dabei können, wenn das Gestein nicht mehr von den Hydraten zusammengehalten wird, unterseeische Einbrüche und Erdrutsche entstehen. "Zeugnis eines solchen Vorfalls in ferner Vergangenheit ist die Storegga-Rutschung vor der norwegischen Küste, auf einem Gebiet von der Größe Schottlands". Derzeit sind die Hydratfelder stabil, "der Nordatlantik ist kalt genug. Was jedoch passiert, wenn sich die Ozeane weiter erwärmen sollten, hält [der Meeresforscher] Mienert für »unter Umständen gewaltig«. Wenn sich das Methan in großem Stil aus den festen Verbindungen löst, könnten riesige Mengen des aggressiven Treibhausgases in die Ozeanosphäre und schließlich in die Atmosphäre gelangen. Damit würde der Treibhauseffekt möglicherweise sprunghaft beschleunigt werden" (Q68).

2. Positive Rückkopplung mit gegenseitiger Verstärkung

° Zum Ozonloch tragen einerseits tiefe Temperaturen in der Stratosphäre, andererseits Aerosolteilchen wesentlich bei. Dazu Prof. Hartmut Graßl, Direktor des Hamburger Max-Planck-Instituts für Meteorologie: "Der verstärkte Treibhauseffekt bedingt, dass sich die polare Atmosphäre in Höhen über 15 km abkühlt, also dort, wo der Ozonverlust am größten ist. Das wiederum fördert die Bildung von stratosphärischen Wolken aus Aerosolen, die sowohl unmittelbar den Treibhauseffekt verstärken (s.a. Grießhammer 1990: 33) als auch mittelbar, über die Veränderung der Luft-Chemie, den Abbau des Ozons fördern" (Q64).

° Die grünen Pflanzen in den Weltmeeren haben insgesamt einen höheren Anteil an der CO2-Absorption als die Gesamtheit der Landpflanzen. Diese Leistung wird im wesentlichen von Phytoplankton, mikroskopisch kleinen Einzellern erbracht.

Die Mikro-Algen leben in der lichtdurchfluteten Oberfläche der Meere, wo sie das Sonnenlicht maximal ausnutzen können - ein gefährlicher Balanceakt: mit dem Licht trifft sie auch unvermeidlich ein Anteil UV-Strahlung, und dieser Strahlung sind sie, als lichtdurchlässige Einzeller, wehrlos ausgeliefert. Sie bewegen sich daher, je nach Intensität des einfallenden Lichts, im Lauf des Tages auf und ab, um den für sie idealen Kompromiss zwischen Lichtausnutzung und UV-Gefährdung einzustellen.

Donat P. Häder vom Institut für Botanik und Pharmazeutische Biologie an der Universität Erlangen hat die Wirkung erhöhter UV-Strahlung auf verschiedene einzellige Algen untersucht. Bei einer Erhöhung der UV-Intensität, die einer Ausdünnung der Ozonschicht um 12 % entspricht, verloren die untersuchten Mikroalgen nach 80 Minuten die Orientierung, nach 100 Minuten ihre Bewegungsfähigkeit. "Zerstörte das UV-Licht nur 10 % des Planktons, so schätzt Häder, könnte es fünf Gigatonnen jährlich weniger aus der Luft filtern. Der Treibhauseffekt würde sich rapide beschleunigen" (Q12) - der heutige Beitrag der Industriezivilisation zum Treibhauseffekt würde indirekt mehr als verdoppelt.

Dies ist keine haltlose Spekulation. 1990 (200 Jahre nach Beginn der industriellen Revolution) wurden in der Antarktis, dichte Teppiche von braunen und rosafarbenen Cyanobakterien gesichtet (Q12). Diese Blaualgen stammen aus der Urzeit der Erde, als noch keine Ozonschicht die UV-Strahlung von der Sonne zurückhielt. Es wäre nicht überraschend, wenn sich diese Algen, unter Bedingungen, an die sie bestens angepasst sind, im Konkurrenzkampf mit den UV-empfindlichen Algenarten durchsetzen würden.

° Wenn sich die Erwärmung der Atmosphäre (die bislang eher linear ansteigt) erst einmal zu beschleunigen beginnt (entweder durch die Abgabe von Methan aus den Sümpfen des Tundragürtels, oder durch die Freisetzung von Methan aus den Methanhydridreservoiren der nördlichen Meere, oder durch die Schädigung des Planktons, oder durch die Verlangsamung der pazifisch-atlantischen Meeresströmung), würde der rasche Temperaturanstieg "einen großen Teil der verbleibenden Vegetation zerstören und gewaltige Brände befördern, die nicht nur noch mehr Kohlendioxid freisetzen und dadurch die Erwärmung beschleunigen, sondern auch die Schädigung der Ozonschicht weiter verschlimmern würden. Paul Crutzen, Atmophärenchemiker am Max-Planck-Insitut in Mainz, befürchtet die Möglichkeit einer solchen Entwicklung, weil Pflanzen bei der Verbrennung größere Mengen Methylchlorid abgeben, und dieses sich ebenso wie FCKW in der oberen Atmosphäre aufspaltet und dabei das Ozon dieser Schicht zerstört" (Douthwaite 1992: 183, Übers. LM).


3. Pipeline-Effekt (Zeitverzögerung zwischen Ursache und Wirkung)

Eine weitere Systemeigenschaft, die bei der Beurteilung des Treibhauseffekts berücksichtigt werden muss, ist der Pipeline-Effekt, die Zeitverzögerung in der Klimamaschine zwischen Ursache und Auswirkung. Sie beträgt etwa dreißig Jahre. Wenn also erst einmal die Erwärmung um 1,5° eingetreten ist, der Meeresspiegel sichtbar anfängt anzusteigen, das Plankton in ganzen Meeresteilen abstirbt, die Korallenriffe auf einen Restbestand geschrumpft sind, dann werden auf jeden Fall die Erwärmung und der Anstieg noch 30 Jahre weitergehen, selbst wenn die Ursachen sofort beseitigt würden. Das heißt mit ziemlicher Sicherheit, dass das atmosphärische Feuer zu diesem Zeitpunkt schon außer Kontrolle, schon zu einem Feuersturm geworden ist, auch wenn das kurzlebige menschliche Auge ihn nicht als solchen wahrnehmen kann.



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